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// Editorial //

Der Westen ist sprachlos und fühlt sich betrogen und überrumpelt angesichts des gewaltsamen, kompromisslosen und zynischen Vorgehens von Wladimir Putin in der Ukraine. Kaum jemand ...

... aus den Reihen der internationalen politischen Führung hat ernsthaft geglaubt, dass Russlands Diktator so weit gehen würde, mit Waffengewalt in sein Nachbar- und Bruderland einzudringen und einen Krieg anzuzetteln.

Auf die Kraft von Dialog und Diplomatie setzende Politiker wie Emmanuel Macron müssen erleben, dass einen Machtmenschen wie Putin so etwas nur wenig schert und er seinen Stiefel rücksichtslos durchzieht – gegenüber den Ukrainern, gegenüber Europa und auch gegenüber seinem eigenen Volk. Wer sich ein wenig mit Konfliktmanagement auskennt, weiß: Zur Konfliktlösung gehören immer zwei, die bereit sind, über ihren Schatten zu springen, sich anzunähern und einen Kompromiss einzugehen. Bei Putin muss man konstatieren: Die Voraussetzungen für eine für beide Seiten annehmbare Lösung waren erst gar nicht gegeben, da er sein Ziel – Russland wieder groß zu machen – über alles stellt und zu diesem Zweck auch vor kriegerischen Handlungen (gegenüber der Ukraine) nicht zurückschreckt.

Reicht es also, wenn zum Beispiel deutsche Wissenschaftsorganisationen „den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine“ verurteilen (Alexander von Humboldt-Stiftung) oder ankündigen, „die geförderten deutsch-russischen Austauschbeziehungen gegenwärtig“ einzuschränken, da es „mit einem Staat, der mitten in Europa einen Angriffskrieg gegen sein Nachbarland führt, keine normalen Beziehungen geben kann, auch nicht in der Außenwissenschaftspolitik“ (DAAD)? Und wie wirksam könnten die Forderungen derjenigen sein, die gesamtpolitisch gesehen auf einen harten Kurs gegenüber Russland drängen, der neben Wirtschaftssanktionen und Waffenlieferungen auch Szenarien einer massiven Aufrüstung bis hin zu einem militärischen Eingreifen des Westens beinhaltet?

Alles Fragen, die uns in den kommenden Monaten noch viel Kopfzerbrechen bereiten werden und für mich eines zeigen: Wir brauchen im Umgang mit anderen Kulturen, mit anderen politischen Systemen und Logiken viel mehr Interesse, viel mehr Wissen und viel mehr Kompetenzen – eine wichtige Aufgabe für unsere Hochschulen. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Es geht nicht darum, unrechtes Handeln (wie im aktuellen Fall Putins Angriff auf einen souveränen Staat) zu rechtfertigen. Aber wir sollten, auch im Sinne von Prävention und wirksamem Handeln, besser darin geschult sein, die „andere“ Seite – deren historisch sowie kultur- und gesellschaftsspezifisch geprägte Denkweisen, Motivationen und Handlungsmuster – einschätzen zu können. Lesen Sie dazu in dieser Ausgabe den Beitrag von Sigrun Abels und Christian Bode, die dies in Bezug auf China ausführlich darlegen.

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