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Betreuungsbeziehung mit Konfliktpotential

Schon wieder hat eine meiner Doktorandinnen signalisiert, einen Kollegen als Erstgutachter anfragen zu wollen, der weder thematisch ausgewiesen ist, noch sie bislang betreut hat. Mich nervt, dass er nebenbei im Professorium mit den vielen von ihm begutachteten Dissertationen prahlt. Er streicht die Lorbeeren ein, obwohl ich die Betreuungsarbeit gemacht habe. Wie kann ich meine Position als Erstgutachterin auch im Kollegenkreis erhalten, fragt eine Professorin.

Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.

Coach Dr. Monika Klinkhammer antwortet:
Engagiert Doktorandinnen und Doktoranden zu fördern und deren wissenschaftliche und persönliche Identitätsentwicklung zu begleiten, ist wertvoll. Es ist für beide Seiten wichtig, bereichert und inspiriert auch die eigene Forschung. Zugleich ist ein Betreuungsverhältnis fragil, in seiner Genese ambivalent und neben Erfolgen immer mit Konfliktpotenzial, den Risiken des Scheiterns, der Enttäuschung oder sogar der Kränkung verbunden. Ähnliches gilt für kollegiale Beziehungen zwischen Professorinnen und Professoren.

Analysieren Sie die Situation: Warum orientiert sich Ihre Doktorandin um, hat Ihr Kollege einen aktiven Beitrag daran? Wie geht man üblicherweise an Ihrem Fachbereich mit diesen Fällen um, gibt es formelle oder informelle Spielregeln? Welche Ziele haben Sie, wie weiter vorgehen?

Wollen Sie Ihre Doktorandin zurückgewinnen und das Erstgutachten selbst erstellen? Dann suchen Sie ein (Konflikt-)Gespräch mit ihr. Alternativ beenden Sie diese Betreuungsbeziehung professionell und adäquat; lassen Sie sie gehen. Klären Sie mit ihr auch – und das ist mit Blick auf die anstehende Disputation wichtig! – die Trennung der Rollen (Betreuerin, Gutachterin/Dissertation, Bewertung/Mitglied der Promotionskommission). Verdeutlichen Sie dabei Ihre Grenzen. Für beide Wege gilt: Lernen Sie aus der Situation für Ihre künftigen Betreuungsverhältnisse: Überdenken Sie Ihr Betreuungskonzept und aktualisieren Sie Ihre Betreuungsvereinbarungen.

Auf der Ebene des Fachbereichs können Sie gegebenenfalls deren Weiterentwicklung anregen und neue Impulse zur Konfliktregulierung in solchen Fällen einbringen. Führen Sie regelmäßige Betreuungsgespräche (Jour fixe), checken Sie dabei auch kurz die Betreuungsbeziehung. Überdenken und reduzieren Sie gegebenenfalls Ihr Engagement, gerade dann, wenn sich die Promovierenden nicht an die individuellen Vereinbarungen halten.

Wollen Sie mit dem Kollegen weiter und vertraulich kooperieren? Dann regeln Sie mit ihm und/oder am Fachbereich die Kooperation und den Umgang mit Differenzen, „Konkurrenzen“ für künftige Fälle. Klären Sie, wer zukünftig welche Rolle und Verantwortung hat. Falls es für Sie eine Option ist, mit dem Kollegen ein fallbezogenes Klärungsgespräch zu führen, sollten Sie sich vorbereiten: Gibt es ein Reglement für solche Fälle zum Beispiel in den Betreuungsvereinbarungen oder eine gelebte Praxis? Existieren Leitlinien zur Konfliktbearbeitung, Ombudsstellen oder ähnliches? Wollen und können Sie noch Mitglied der Promotionskommission sein? Was erwarten Sie vom Kollegen, wo liegen Ihre Grenzen und was werden Sie im Falle von (künftigen) Grenzüberschreitungen machen?

Oder geht es Ihnen vor allem allgemein um ein faires kollegiales Miteinander und um Ihre Statusbehauptung? Thematisieren Sie an geeigneten Stellen jenseits des aktuellen Konflikts faire und kollegiale Betreuungsbeziehungen. Markieren Sie dabei deutlich Ihren Status und Ihre Grenzen.

Zum guten Schluss: Verlieren Sie trotz dieser Enttäuschung nicht den Blick auf Ihre Erfolge und bewahren Sie sich Ihr Engagement für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

LITERATUR

  • Enke, Neela/Klinkhammer, Monika (2018): Konfliktgespräche führen. In: Personalentwicklung in Hochschule und Wissenschaft, 2/2018: 47- 63.
  • QualitätsZirkel Promotion (Hg.) (2018): Gemeinsam die Promotion gestalten. Handlungsempfehlungen für Betreuende / Promovierende
    https://www.qz-promotion.de/home/downloads/

    MONIKA KLINKHAMMER arbeitet seit über 25 Jahren als Coach, Lehrcoach, Supervisorin, Gestalttherapeutin und Trainerin mit und für Professorinnen, Führungskräfte, Neuberufene, (Nachwuchs-) Wissenschaftler und Fachkräfte aller Statusgruppen. Sie ist engagiert in der Professionalisierung von Supervisorinnen und Supervisoren sowie Coaches, berät und schreibt für die Scientific Community und ist Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Kooperationspartner der DUZ ist.
    www.coachingnetz-wissenschaft.de

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