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„Silodenken vermeiden“

Regulatorische Hürden beseitigen, die Bundesagentur für Sprunginnovationen entfesseln, an Finanzierungszielen festhalten: Albert Rupprecht über die Wahlkampfziele der Union

Herr Rupprecht, die CDU hatte vier Jahre das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) inne. Wie fällt Ihre Bilanz aus?

Das BMBF wurde die letzten 16 Jahre durch Unionsministerinnen geführt. Wir haben bewiesen, dass wir ein verlässlicher Partner für eine starke Wissenschaft sind. Am Ende der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2005 lag der Etat des BMBF bei 7,6 Milliarden Euro, heute liegt er bei rund 20,8 Milliarden Euro. Das ist eine Steigerung um rund 173 Prozent. So konnten wir auch in dieser Legislatur durch die Neuauflage des Pakts für Forschung und Innovation sowie den Zukunftsvertrag Studium und Lehre der Wissenschaft erneut Planungssicherheit und wissenschaftliche Handlungsfreiheit für Hochschulen und Forschungsorganisationen garantieren.

Als Dauerbaustelle gilt das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Warum ist es so schwer, zu einer Lösung zu kommen, damit sich für befristet angestellte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler grundsätzlich etwas ändert?

Die Weiterentwicklung des WissZeitVG in der letzten Legislaturperiode war eine Gratwanderung zwischen der notwendigen Offenheit und Lebendigkeit des Wissenschaftssystems vor allem für den Nachwuchs und den Schutz des Personals zum Beispiel vor unsachgemäßen Kettenbefristungen. Was wir nicht wollen, ist, dass das Wissenschaftssystem daran krankt, dass kein frischer Wind in das System kommt. Wir haben von Anfang an eine Evaluation des Gesetzes angelegt. Diese wird im Frühjahr 2022 vorgelegt. Dann werden wir uns anschauen, ob eine Nachjustierung notwendig ist.

Der Wissenstransfer aus den Universitäten und außer­universitären Forschungseinrichtungen stockt. Sie wollen für mehr Transfer in die Wirtschaft sorgen. Wie?

Wir müssen verkrustete Strukturen aufbrechen und Silodenken vermeiden. Ziel ist ein agiles und experimentierfreudiges Ökosystem aus Wissenschaft und Anwendung. Hierzu brauchen wir Technologiebiotope, die die weltweit besten Köpfe und innovativsten Unternehmen anziehen und aus sich selbst heraus durch Exzellenz, gelebte Gründerkultur und Innovationen weltweit sichtbar wachsen. Mit einer Innovationsfreiheitsinitiative wollen wir die Rahmenbedingungen für eine Wissenschaftsfreiheit 2.0 schaffen. Regulatorische Hürden, die dem Transfer von Grundlagenforschung in marktfähige Produkte etwa im Gemeinnützigkeitsrecht im Wege stehen, wollen wir mit einem Innovationsfreiheitsgesetz beseitigen. Auf europäischer Ebene muss es uns gelingen, das Beihilferecht zu ändern, das Ausgründungen aus der Forschung erschwert.

Wie geht es mit der bislang schleppend laufenden Bundesagentur für Sprunginnovationen (SprinD) weiter?

Die Idee der SprinD ist nach wie vor richtig, sie fehlte bisher im Fördersystem. Sie braucht aber mehr Freiheit und Agilität. Wir müssen sie ressortunabhängig aufstellen, mit einem Globalhaushalt ausstatten und von Beschränkungen des Vergaberechts und dem Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes befreien.

Eine Option wäre auch, die Hochschulen für Angewandte Wissenschaft (HAW) zu unterstützen, die sich als Brückenbauer zu Wirtschaft und Gesellschaft sehen. Diese fordern nun eigene Förderprogramme, um den Transfer zu stärken. Werden Sie sie unterstützen?

Auch die HAW sind prädestiniert dafür, Teil von lebendigen Technologiebiotopen zu werden. Positive Entwicklungen der HAW mit langjähriger Förderung des Bundes haben gezeigt, wie Standorte an Profil gewinnen können. Wir wollen prüfen, welche weiteren Gestaltungsmöglichkeiten es für Förderinstrumente zur Entwicklung exzellenter Forschungskapazitäten gibt.

In der kommenden Legislaturperiode ist zu erwarten, dass die Ressorts infolge der Ausgaben für die Corona-Pandemie sparen müssen. Welche Schwerpunkte werden Sie vor diesem Hintergrund in der Forschungsförderung legen?

Die Förderung von Forschung und Bildung ist immer eine Investition in die Zukunft unseres Landes. Auch bei angespannter Kassenlage gilt für uns daher nach wie vor das Ziel, dass bis 2025 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung ausgegeben werden sollen. Thematisch müssen wir vor allem die Quantentechnologie, künstliche Intelligenz, die Blockchain-Technologie, die Biomedizin und Biotechnologie, nachhaltige Energietechnologien und insbesondere Wasserstofftechnologien in den Blick nehmen.

Gesetzt den Fall, die CDU/CSU erhielte in der nächsten Legislaturperiode wieder das BMBF – was würden Sie als Erstes anpacken?

Die Innovationsfreiheitsinitiative wäre ein Schwerpunkt für die Legislatur. Mit dem Prozess für ein neues Innovationsfreiheitsgesetz müssen wir von Tag eins an starten. Hierbei gibt es einige Bretter zu bohren, sodass wir uns keinen Verzug leisten können. Gleiches gilt für das Entfesselungspaket für die SprinD. Eine Verzögerung würde dieses überaus wichtige Projekt in Gänze gefährden. //

Albert Rupprecht

Albert Rupprecht, MdB (CSU), Diplom-Volkswirt, ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe Bildung und Forschung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion sowie deren Forschungs- und bildungspolitischer Sprecher.

Foto: Thomas Kierok​

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