Karriereziel Klinikdirektorin - wie vorgehen?
Eine Medizinerin im letzten Jahr ihrer Fachärztinnen-Ausbildung und Mutter eines zweijährigen Kindes fragt: Welche Strategie sollte ich verfolgen, wenn mein langfristiges Karriereziel ist, Klinikdirektorin zu werden?
Dieser Artikel ist im DUZ Magazin für Wissenschaft und Gesellschaft in der Rubrik "Unter 4 Augen" erschienen und Teil der Online-Reihe "Ratgeber" auf DUZ Wissenschaftskarriere.
Coachin Silke Oehrlein-Karpi antwortet:
Sie stellen die Frage zum richtigen Zeitpunkt. Denn es bedarf einer gründlichen Planung des komplexen Vorhabens, sich in Ihren zukünftigen Rollen als Klinikerin, Wissenschaftlerin und in Ihrer Familie angemessen selbst zu führen. Lassen Sie uns gemeinsam mögliche Strategien beleuchten:
Für eine erfolgreiche Karriere an einem Uniklinikum ist es wichtig, sich als Frau in dem hierarchiegeprägten, männerdominierten Arbeitsumfeld eindeutig und selbstbewusst bei Ihrer/Ihrem Vorgesetzten zu positionieren. Artikulieren Sie bereits vor Abschluss Ihrer Ausbildung, dass Sie eine Stelle als leitende Oberärztin anstreben. Bitten Sie Ihre Führungskraft um Feedback und Förderung auf diesem Weg. Zum einen geht es darum, Ihre eigenen Ambitionen unmissverständlich offenzulegen, und zum anderen, anhand der Reaktion herauszufinden, ob Sie vor Ort mit der notwendigen Unterstützung rechnen können. Ist dies nicht der Fall, verlieren Sie keine Zeit, um direkt im Anschluss an Ihre Ausbildung einen Ihrer Person und Ihren Zielen gegenüber wertschätzend-fördernden anderen Wirkort zu finden. Mit entsprechenden Informationen und Beistand auf dem Weg zur Klinikchefin können Sie von vertrauenswürdigen Netzwerkpartnerinnen und -partnern, Mentorinnen und Mentoren versorgt werden, die Sie zum Beispiel beim gemeinsamen Engagement im Vorstand Ihrer Fachgesellschaft kennenlernen.
Haben Vorgesetzte Sie angehalten, Forschungstätigkeiten und das Schreiben von Papers und Forschungsanträgen in Ihre Freizeit zu verlegen? Das ist mit einer Vollzeitstelle in der Klinik mit Stationsarbeit, regelmäßigen Diensten und einer chronischen personalen Unterbesetzung sehr wahrscheinlich nicht realisierbar. Wäre eine Bewerbung auf ein zweijähriges Clinician-Scientist-Stipendium – zum Beispiel solange Ihr Kind noch nicht zur Schule geht – eine Alternative? So zeigen Sie Ihrer Scientific Community, dass Sie eine ernst zu nehmende und unabhängige Wissenschaftlerin sind. Lassen Sie sich von Ihrem Netzwerk ein international reputables Forschungsinstitut empfehlen, an dem viel und hochrangig publiziert wird. Wenn die Klinikarbeit während der Postdocphase wegfällt, können Sie sich mit vollem Elan auf die Wissenschaft konzentrieren. So schaffen Sie eine substanzielle Basis für Ihre Habilitation. Bereiten Sie frühzeitig Ihre Rückkehr in die Klinik mit einem Projektantrag inklusive einer Stelle etwa für einen naturwissenschaftlichen Postdoc vor. In einer Art Win-Win-Setting kann sie/er die Laborleitung übernehmen, wenn Sie wieder in der Klinik arbeiten.
Besprechen Sie mit Ihrem Partner/Ihrer Partnerin Ihre jeweiligen beruflichen und privaten Zielvorstellungen und Ihre gegenseitigen Erwartungen, bezogen auf ihre unterschiedlichen Rollen. Planen Sie alle Schritte von Anfang an aufeinander abgestimmt als gleichberechtigtes Team. Nutzen Sie Dual-Career-Programme, um Ihre beruflichen Ziele als Paar zu verwirklichen. Um jedoch Ihre akademische Unabhängigkeit zu wahren und Projektionen von Kolleginnen, Kollegen und Mitarbeitenden zu umgehen, lehnen Sie es kategorisch ab, zusammen an einem Institut oder einer Klinik zu arbeiten.
Literatur:
Hülsenbeck S. (2017): Mentoring in der Hochschulmedizin. Kap. 16.1. In: Petersen, R.; Budde, M.; Brocke, P. S.; Doebert, G.; Rudack, H.; Wolf, H. (Hrsg.): Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft. Springer VS
Dr. Silke Oehrlein-Karpi ist Coachin und Trainerin im Hochschulbereich und an Unikliniken. Zu ihren Themen gehören Selbstführung, Kommunikation und Führung. Ihr Kernthema ist die Karriereentwicklung und dabei besonders die Sichtbarkeit in Netzwerken. Sie ist Mitglied im Coachingnetz Wissenschaft, das Partner der DUZ ist.
DUZ Magazin 08/2021 vom 20.08.2021