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// Editorial: Dilemma //

Was löst das Bild des bedrückt dreinschauenden Affen auf unserer aktuellen Titelseite bei Ihnen aus, der sich ganz offensichtlich unwohl in seiner Haut fühlt, ...

... eingezwängt in einer für ihn leblosen, nicht artgerechten Umgebung? Mitgefühl, Ignoranz, Empörung? Und wenn es sich stattdessen um eine Maus, einen Fisch oder ein Insekt handeln würde? All diese Tiere sind in den Tierversuchslaboren der Welt „zu Hause“, doch einen Sturm der Entrüstung bis gar hin zu Todesdrohungen gegen Forscherinnen und Forscher lösen vorrangig Versuche mit Primaten (0,12 Prozent) aus. Liegt dies daran, dass sie als unsere nächsten Verwandten gelten und wir deshalb so etwas wie Empathie für sie empfinden? Oder liegt es darin begründet, dass viele von uns die oftmals Ekel auslösenden Mäuse und Ratten (9,3 Prozent) oder als „kalt“ geltenden Fische (13,6 Prozent) als minderwertige Lebewesen betrachten und ihnen jegliches Schmerzempfinden und Leidensfähigkeit absprechen?

Fest steht: In unserem Verhältnis zu Tieren und Versuchen an ihnen kommen eine typisch menschliche Doppelmoral und ein Dilemma zum Tragen: Es gibt für uns liebenswertere und damit „lebens-“ und „schützenswertere“ Tiere und solche, die wir als Versuchs- und Nutztiere in der Forschung, vor allem aber auch in der Landwirtschaft verheizen. Und sobald wir selber erkranken, rufen wir nach Medikamenten und Therapien, die selbstredend auf Tierversuchen basieren. Die aktuelle Corona-Pandemie spiegelt dies eindrücklich wider. Wie es eine Sprecherin der Max-Planck-Gesellschaft auf den Punkt bringt (siehe Seite 24): „Ohne 20 Jahre währende tierexperimentelle Forschung hätten wir diese Impfstoffe heute nicht und damit auch keine Perspektive für ein wieder weitgehend normales Leben.“

Fest steht auch: Wenn es um Tierversuche geht, scheiden sich in unserer Gesellschaft die Geister. Die Diskussionen darüber werden hochemotional ausgetragen – auch innerhalb der Forschercommunity, die sich durch Vorstöße des Gesetzgebers zu mehr Tierschutz in ihrer Arbeit eingeschränkt sieht. Dabei wäre es wichtig, dass sich alle Beteiligten sachlich mit dem Für und Wider auseinandersetzen, um so im Sinne von Tierwohl und ethischer Verantwortung bestmögliche Lösungen zu finden. In unserem aktuellen DUZ THEMA (ab Seite 20) versuchen wir abzuwägen, ob – und wenn ja, wie viele – Tierversuche unter welchen Bedingungen unerlässlich sind und welche Alternativen es gibt.

Weitere Beiträge in dieser Ausgabe, die ein Dilemma zum Inhalt haben: Über die Rolle der Universitäten zur Bekämpfung des Klimawandels sagt der Bildungsforscher und Studienautor Tristan McCowan im DUZ-Interview (ab Seite 18): „Sie können auf jeden Fall zur Lösung beitragen, sind aber zugleich ein Teil des Problems.“ Und wie die von allen Multiplikatoren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft mit Vehemenz geforderte Digitalisierung die Umwelt belastet, erforscht der Sozialwissenschaftler Tilman Santarius (ab Seite 38).

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