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Den Gesundheitsschutz fest verankern

In der Pandemie sind Gesundheitsmanager/-innen besonders gefordert. ...

Damit sie adäquat agieren und reagieren können, ist es jedoch notwendig, ihren Aufgabenbereich zu stärken und institutionell besser zu verorten. Warum das notwendig ist und wie dies erfolgen kann, erläutert Urte Ketelhön von HIS-HE.

Das Interview ist im DUZ Special "Für eine tragfähige Zukunft - Neue Perspektiven und Wege betrieblichen und studentischen Gesundheitsmanagements an Hochschulen" erschienen, das von der Techniker Krankenkasse und der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V. herausgegeben worden ist.

Hier finden Sie die gesamte Ausgabe als PDF und als E-Journal und können kostenfrei die Print-Ausgabe bestellen:

www.duz-special.de/de/ausgaben/fuer-eine-tragfaehige-zukunft

Frau Ketelhön, welche Rolle übernehmen Gesundheits­manager*innen an den Hochschulen in der aktuellen Krise und warum ist dies auch für die Zukunft wichtig?

Die Themen Sicherheit und Gesundheit gehören zusammen und sind untrennbar. Die Gesundheitsmanager*innen haben sehr schnell auf die Pandemie und deren Folgen reagiert. Im Vordergrund standen Maßnahmen wie bewegungsfördernde Angebote im Rahmen von Online-Kursen, aber auch die Unterstützung für gesundheitsgerechtes Arbeiten im Homeoffice und im digitalen Hörsaal. Themen wie Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben eine besondere Rolle gespielt.

Über die körperliche Gesundheit – mit Angeboten zum Beispiel zu Bewegung und Ergonomie – hinaus geht es auch um die psychosoziale Gesundheit. Gerade in einer Krise, in der die Menschen mit vielen neuen Herausforderungen und Ungewissheiten umgehen müssen, ist dies wichtig. Zurzeit ist noch nicht absehbar, welche psychischen und physischen Folgen die Krise für uns Menschen hat. Die Dimensionen, die fehlende soziale Interaktion und Bewegungsmangel haben werden, können wir heute noch nicht absehen.

Was erschwert die Arbeit der Gesundheitsmanager*innen, wo gibt es insbesondere institutionelle Hürden?

Die Akteur*innen im Gesundheitsmanagement haben damit zu kämpfen, dass es im Umgang mit der Corona-Pandemie zwar um den Schutz der Gesundheit geht, sie selbst aber teilweise nur sekundär in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Der Arbeitsschutz, zum dem Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzt*innen zählen, steht im Vordergrund. Ziel muss es sein, dass diese Akteur*innen zukünftig mehr integrativ zusammenarbeiten. Die strukturelle Auseinandersetzung mit dem Gesundheitsmanagement steht derzeit an vielen Hochschulen nicht im Vordergrund. Die Prioritäten haben sich verschoben. Projekte, Termine, Bedarfserhebungen für die Analyse mussten verschoben werden.

Für die strukturelle Auseinandersetzung mit Gesundheitsmanagement fehlen derzeit Ressourcen, auch seitens der Leitungsebene. Aktuell müssen viele Ad-hoc-Entscheidungen getroffen werden, wie ein notwendiger Präsenzbetrieb für die Studierenden, aber auch die Arbeitsorganisation in den Fachbereichen und der Verwaltung gestaltet werden können. Häufig ist in diesen Fragen nicht die Hochschule/der Krisenstab auf das BGM/SGM zugegangen, sondern umgekehrt.

Hier ist ein Umdenken in den Hochschulen voranzutreiben: Gesundheitsmanagement als Unterstützer und Dienstleister. Es handelt sich dabei nicht um ein „On-top-Thema“, sondern ist integrativer Bestandteil, um Ressourcen effektiv einzusetzen. Das Ziel ist, die Gesundheit der Studierenden und Beschäftigten langfristig und nachhaltig zu schützen, um deren Leistungs- und Studierfähigkeit zu erhalten und sicherzustellen.

Wie sollten Betriebliches und Studentisches Gesundheitsma­nagement an den Hochschulen organisiert und integriert sein, um schnell, flexibel und nachhaltig Maßnahmen durchzuführen und Angebote zu installieren?

Nur wenn der Gesundheitsschutz fest in den Strukturen verankert ist, kann er seine Unterstützung auch leisten. Beim Gesundheitsmanagement geht es um Verhaltens- und Verhältnisprävention. Dabei gilt: Gesundheitsmanagement ist eine Querschnittsaufgabe. Um adäquat auf die Notwendigkeiten in einer Krise reagieren zu können, muss es strukturell eingebunden sein. Die Rolle der Gesundheitskoordinator*innen im System Hochschule stärker zu verankern, wird weiterhin eine zentrale Aufgabenstellung sein. Durch die Verschiedenartigkeit der jeweiligen Hochschuleinrichtungen wird es jedoch keinen allgemeingültigen Weg geben. Und wichtig: Es geht in der Krise nicht nur darum, vorhandene analoge Formate in eine Online-Version zu übertragen. Darüber hinaus sollten Kompetenzen und die Selbstorganisation in der Digitalisierung gestärkt werden, um die Online-Formate einzusetzen und zu nutzen.

Wie sollten Online-­Formate in die Präventions­ und Krisenstra­tegie und in eine neue, flexibler agierende Hochschulstruktur mit eingebunden werden?

Eine flexibler agierende Hochschulstruktur in einer digitalen Welt, verbunden mit den Themen der Gesundheitsförderung, wird eine Deinstitutionalisierung mit sich bringen. Das heißt, dass die Nutzung der flexiblen und digitalen Angebote nicht mehr an die Organisationsstruktur der Einrichtung gebunden ist, wie von Dr. Arne Göring auf dem Kongress „Sport Gesundheit Digital“ an der TU Kaiserslautern formuliert wurde. Gesundheit ist ein Hauptthema in der Gesellschaft und für das Individuum. Das ist ein hochattraktives Handlungsfeld. Für die richtige Nutzung der digitalen Angebote und Möglichkeiten ist eine Kompetenzentwicklung notwendig. Das wird eine neue Aufgabe in der Verhaltens- und Verhältnisprävention an Hochschulen sein. Hier eine neue Normalität mitzugestalten – das ist ein zentrales Ziel der Gesundheitsförderung.

Mit welchen neuen Themen müssen sich Gesundheitsmana­ger*innen auseinandersetzen?

In der Präventionsstrategie geht es bei den Themen Homeoffice und mobiles Arbeiten für die Beschäftigten und digitale Lehre für die Studierenden zusätzlich um die Analyse, welche anderen und neuen Belastungen entstehen (können) und wie präventiv darauf reagiert werden kann. Wie müssen mobiles Arbeiten und digitale Lehre gestaltet werden? Diese Frage kann nicht allein vom Gesundheitsmanagement beantwortet werden, sondern muss immer im Zusammenwirken mit der gesamten Hochschule erfolgen. Wie die Beschäftigten und Studierenden erreicht werden können, wenn sie nicht mehr auf dem Campus vor Ort sind, sondern in der heimischen Wohnung – das wird eine neue Herausforderung für die Gesundheitsmanager*innen werden. Damit gehen auch Fragen nach der Identifikation mit der Hochschule und das damit verbundene Engagement im Gesundheitsmanagement einher.

Welche Kommunikationsstrukturen haben sich bewährt?

Eine aktuelle Herausforderung ist, den Kontakt innerhalb der Steuerungs- und Arbeitskreise und zu den jeweiligen Statusgruppen zu halten. Digital kann sicherlich vieles schon transformiert werden, aber eben nicht alles. Gerade die sozialen Beziehungen und informellen Gespräche leiden. Die Nutzung digitaler Medien und sozialer Netzwerke für die Kommunikation innerhalb des Gesundheitsmanagements und was für welche Zielgruppe der „beste Weg“ ist, wird mehr in den Mittelpunkt treten. Über das Thema Kommunikation und wie diese unter veränderten Rahmenbedingungen besser gelingen kann, wird man sich an den Hochschulen verstärkt auseinandersetzen müssen. Daneben wird es weiterhin die sehr wichtigen Kommunikationswege der direkten Ansprache und des persönlichen Gesprächs geben – unabhängig vom gewählten Medium.

Das „sich Einbringen“ in die relevanten Kreise und Netzwerke – wer ist wo aktiv, wo „sitzen“ die Treiber*innen innerhalb der Hochschule, wer kann Unterstützer*in sein? – wird weiterhin zentraler Eckpfeiler der Kommunikation sein. Denn Gesundheitsmanagement ist keine „One-wo*man-Aktion“. Es dockt sich immer an die vorhandenen Strukturen an. Sicherlich wäre es auch gut, neue Netzwerke zu bilden, aber aufgrund der Überlastung der Akteur*innen, ist es empfehlenswert, erstmal an vorhandene Hochschulnetzwerke anzuknüpfen, um die „Scheu“ vor noch mehr neuen Projekten und Aufgaben abzubauen.

Interview: Veronika Renkes​

Urte Ketelhön ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Geschäftsbereich  Hochschulinfrastruktur des HIS-Institutes für Hochschulentwicklung e.V.  (HIS-HE) in Hannover.

Mentor*innenprogramm mit Reflexionsinstrument

Mit Unterstützung der Techniker Krankenkasse hat das HIS-HE gemeinsam mit sechs Hochschulen ein Reflexions- und Entwicklungsinstrument für Hochschulen entwickelt. Das Instrument ist eine strukturierte Zusammenstellung von Fragen und Qualitätskriterien, mit dessen Hilfe Hochschulen systematisch ihren Status quo des Gesundheitsmanagements ermitteln und Entwicklungspotenziale identifizieren können. Aktuell erfolgt eine Erweiterung um Aspekte aus dem studentischen Gesundheitsmanagement. Die Hochschulen können das Instrument in Eigenregie einsetzen, sich dabei aber von erfahrenen Hochschulakteur*innen (= Mentor*innen) begleiten lassen.

Mehr Informationen: https://bit.ly/37lzD0T

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