Resilienter werden
Damit Hochschulen Krisen wie die Corona-Pandemie meistern, müssen sie vielfältig, vernetzt, digital, verlässlich finanziert und akademisch frei sein – meint Managementexperte Frank Ziegele
Der Wissenschaftsrat hat im Januar ein hervorragendes Positionspapier veröffentlicht. Unter dem Titel „Impulse aus der COVID-19-Krise für die Weiterentwicklung des Wissenschaftssystems“ empfiehlt er ein „resilientes“ Hochschulsystem, das flexibel und produktiv auf Krisen reagieren kann. Resilienz entsteht demnach unter anderem durch Vielfalt und Pluralismus, einen hohen Grad an Vernetzung, digitale Souveränität, verlässliche Finanzierung und akademische Freiheit. Resilienz ist meiner Ansicht nach jedoch nicht ohne die Managementseite zu denken.
Denkt man den Resilienz-Gedanken weiter, rücken Beispiele für agiles Management in den Fokus. Seien es der Streaming-Dienst Spotify, der die Arbeit wie in einem Mini-Start-up organisiert, oder Methoden wie Scrum, wo es um Sprints, den Scrum-Master und morgendliche Steh-Meetings geht. Kann man machen, muss man nicht. Statt ein Tool stereotyp zu nutzen, sollte die gesamte Organisation Hochschule auf Hindernisse der Veränderungsfähigkeit hin durchforstet werden. Dabei sind alle betriebswirtschaftlichen Dimensionen angesprochen: Fakultäten und Verwaltungsdezernate als starre, abgegrenzte Organisationseinheiten brauchen eine Ergänzung um flexible Querstrukturen der fallweisen Zusammenarbeit, die sich projektförmig vollzieht. Um den Vergleich des Softwareentwicklers Eric Raymond zu nutzen, sollte man sich im agilen Management eher an einem Basar statt an einer Kathedrale orientieren. Während Letztere einem starren Bauplan folgt, reagiert der Basar flexibel auf die Bedürfnisse seiner Besucher und Betreiber.
Für Strukturen wie interdisziplinäre Forschungscluster ist eine „sunset legislation“ sinnvoll, das heißt ein automatisches Auslaufdatum mit der Notwendigkeit, eine Fortsetzung in der bestehenden Form zu begründen. Auch Labore sollten keine abgeschotteten Königreiche mehr sein, sondern ein flexibles gemeinsames Nutzungskonzept aufweisen.
Wer möchte, kann seinen eigenen Arbeitsbereich einmal im Geiste auf agile Strukturen hin überprüfen – sei es im Qualitätsmanagement der Lehre, bei Netzwerken oder im Personalmanagement, wo die Hochschulen sich gerade an Vertrauensarbeitszeit und Homeoffice für alle Mitarbeitenden herantasten. Bei der Budgetierung ist es entscheidend, dass eine Hochschule schnell Ressourcen mobilisieren kann. Es bedarf also hochschulintern der Balance zwischen verlässlicher Grundfinanzierung und zukunfts- und projektbezogen einsetzbaren Mittelpools. Hier würde ich im Gegensatz zum Wissenschaftsrat keinen Widerspruch zwischen Wettbewerb und Resilienz sehen – ein interner Wettbewerb um Finanzmittel, etwa auf Basis eines per Zielvereinbarung vergebenen Innovationstopfes, macht Hochschulen resilienter.
Die nächste Herausforderung wird kommen. Zum Beispiel, wenn in den Bundesländern infolge der Pandemie die Finanzmittel knapp werden. Es ist ein enormes Verdienst des Wissenschaftsrats, jetzt die Impulse der Krise aufzugreifen und unter dem Stichwort der Resilienz zu bündeln. Inklusive des Wissenschaftsmanagements können Hochschulen nun alle ihre Einrichtungen sturm- und wetterfest machen.
DUZ Wissenschaft & Management 02/2021 vom 05.03.2021