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Die Einflugschneise ins Drittmittelgeschäft

Es ist ein bekanntes Phänomen: Professoren an Fachhochschulen stellen insgesamt nur wenige Anträge bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Nun hat die Förderorganisation ein Programm aufgelegt, das nicht nur, aber auch den Fachhochschulen den Weg zum DFG-Antrag ebnen soll. Doch es läuft schleppend an.

Endlich ist es da: ein Förderprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), das die Forschung an den Fachhochschulen (FH) vorantreiben soll. Denn die hohe Lehrverpflichtung an den FHs bremst die wissenschaftlichen Ambitionen vieler Professoren dort; besonders in den ersten Jahren sind sie stark in die Lehre eingebunden. Zudem kommen viele der FH-Lehrenden aus der industriellen Praxis und haben „wegen dort geltender Vertraulichkeitsregelungen keine oder nur wenige dokumentierte Vorarbeiten vorzuweisen, auf denen sie einen DFG-Antrag aufbauen könnten“, wie Volker Kreutzer sagt, der bei der DFG für das neue Programm zuständig ist.

Aus dieser Problematik hat die DFG nun eine Konsequenz gezogen. Und zwar kann künftig der Weg in die DFG-Forschung über Projektakademien führen: „Hier sollen FH-Professorinnen und -Professoren in einem frühen Stadium ihrer Karriere beim Schreiben eines DFG-Antrags vom Wissen antragserfahrener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler profitieren“, erläutert Kreutzer.

Noch keine Akademie eingerichtet

Doch das Programm läuft nur schleppend an. Keine einzige Projektakademie wurde seit dem Programmstart im Juli 2014 eingerichtet. Zwar gibt es, so lässt die DFG wissen, einige interessierte Teilnehmer. Aber es mangelt an Professoren, die zur Organisation und Koordination einer Projektakademie bereit wären. Sie sind jedoch der Kern des Programms: Als erfahrene Wissenschaftler sollen sie ihr Wissen um das Schreiben von Anträgen und die Kooperation mit der DFG an den Nachwuchs weitergeben. Und sie sind es, die den allerersten Antrag schreiben müssen – auf Durchführung einer Projektakademie zu einem bestimmten Thema. Ist dieser positiv beschieden, schreiben sie die Akademie überregional aus. Bewerben können sich dann FH-Professoren, deren erster Ruf nicht länger als sechs Jahre zurückliegt.

Die Projektakademie ist auf zwei Jahre angelegt. Am Anfang beraten die Koordinatoren in Workshops die teilnehmenden Professoren bei der Ausarbeitung eines kleinen DFG-Antrags. „Wird dieser bewilligt, sollen die Teilnehmer das Projekt innerhalb der zwei Jahre bearbeiten. Die Ergebnisse können Grundlage für weitere Anträge bei der DFG sein“, sagt Kreutzer. Damit sich die Teilnehmer ganz der Forschungsarbeit widmen können, stellt die DFG ihnen für bis zu zwölf Monate Mittel zur Finanzierung einer Vertretung bereit.

Doch wie passt nun die mangelnde Nachfrage zu den Klagen der FHs, von der DFG bei der Bewilligung von Förderanträgen benachteiligt zu sein? Und zu ihrem Wunsch, sich auch in der Forschung zu profilieren? „Der Ansatz ist richtig, aber das Programm hat einige Konstruktionsfehler“, kritisiert Professor Dr. Bernd Reissert, Präsident der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR). Aus seiner Sicht fehlen Anreize für den koordinierenden Professor: „Warum soll der Koordinator sich externe Konkurrenz um knappe Forschungsmittel heranziehen?“

Deshalb würde Reisser sich eher eine Förderung „interner Cluster“ wünschen, wie es sie an der HWR gibt: Im Verbund mit erfahrenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bekomme hier der Nachwuchs eine Chance, sich fachlich zu entwickeln, sagt Reissert, und die Hochschule könne sich mit dem Cluster auch nach außen hin profilieren.

Einige potenzielle Koordinatoren, die  allerdings nicht namentlich genannt werden wollen, stimmen Reissert zu, „zumal es nicht einmal Geld für diese zusätzliche Arbeit gibt“. Der Rektor der Hochschule Mannheim, Professor Dr. Dieter Leonhard, will diese Kritik hingegen so nicht gelten lassen: „Ich verstehe zwar die Bedenken, gerade wenn es um anwendungsorientierte Forschung geht. Aber unser System basiert nun mal auf Wissensaustausch, und ich persönlich halte eine Menge von Vernetzung.“

Ähnlich sieht das Professor Dr. Wolfgang Viöl, Vizepräsident für Forschung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Hildesheim (HAWK). Viöl ist der einzige FH-Professor in einem Fachkollegium der DFG. Er streitet dort seit Jahren für die Interessen der FHs und hat gemeinsam mit einem Leipziger Kollegen eine Projektakademie zu Ingenieurwissenschaften in Planung. Seine Motivation: „Ich lerne inhaltlich dazu, außerdem lerne ich neue Leute kennen. Und selbst wenn von 20 Teilnehmern nur zwei oder drei aus meinem Haus kommen, hilft das der Hochschule – denn sie bringen Drittmittel.“

Viöl legt seinen Kollegen nahe, über die eigene Arbeit hinauszuschauen: „An den FHs gibt es ein großes Potenzial, das wir nutzen sollten. Damit meine ich sowohl die Forscher als auch die Studierenden, die in Forschungsprojekten mitarbeiten möchten und könnten.“ Dieses Potenzial sehen auch andere Professoren. Umso empfindlicher reagieren einige auf die „Nachhilfe“, die ihnen im Rahmen der Projektakademien zuteilkommen soll. Es fehle nicht an klugen Köpfen, sondern schlicht an Zeit und Routine, Anträge zu schreiben. Für HRW-Präsident Reissert wäre es daher sinnvoll, den Kreis der potenziellen Teilnehmer über die Sechs-Jahres-Frist hinaus zu erweitern.

„Manchmal muss man Geduld haben“

Einigkeit besteht darin, dass ein einziges DFG-Programm nicht die strukturellen Probleme der Fachhochschulen aufwiegt, welche (noch) die Forschungsaktivitäten erschweren. So brauche eine FH eine bestimmte Größe oder Kooperationspartner, zudem eine gute Infrastruktur und fachliches Wissen. Die Hochschule Mannheim hat mit Promotionskollegs und Drittmitteln aus Stiftungen Forschungsstrukturen aufgebaut, in denen ihre Wissenschaftler im hochschulinternen Wettbewerb Forschungs- oder Transferprojekte einwerben können. „Auf dieser Basis ist es dann einfacher, Mittel bei der DFG oder anderen Projektträgern zu beantragen“, sagt Rektor Leonhard.
Zu Gelassenheit rät der Hildesheimer Viöl: „Manchmal muss man etwas Geduld haben – und vielleicht leitet in ein paar Jahren ein Nachwuchs-Professor, der jetzt von einer Projektakademie profitiert, selbst ein ähnliches Programm.“

Projektakademie in Kürze

Projektakademie in Kürze

Die Idee Die Projektakademien bieten Professoren in einem frühen Stadium ihrer Karriere eine Möglichkeit, mit Unterstützung erfahrener Wissenschaftler einen DFG-Antrag zu schreiben.

Der Ablauf Eine Projektakademie ist auf zwei Jahre angelegt. Sie wird von erfahrenen Wissenschaftlern einer FH, Universität oder einer anderen Forschungseinrichtung koordiniert. Diese geben das Thema vor und wählen nach einer Ausschreibung die Teilnehmer aus.

Die Inhalte In Workshops beraten die Projektkoordinatoren die Teilnehmer beim Schreiben kleiner Anträge, die auf Pilotstudien und Vorarbeiten zielen. Sie können nach der Akademie der Einstieg in die Forschungseinzelförderung der DFG sein.

Internet: www.dfg.de/foerderung/programme/einzelfoerderung/projektakademie/index.html

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