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Traumjob gesucht und gefunden

Sie fühlen sich wertgeschätzt, erfahren Unterstützung von Vorgesetzten und genießen Gestaltungsspielraum: Fakultätsmanager sind äußerst zufrieden, zeigt eine neue Studie des Centrums für Hochschulentwicklung.

„Langweilig wird mir nie, meine Aufgaben sind erfüllend. Ich habe meinen Traumjob gefunden“, sagt Dr. Kaja Boxheimer. Die promovierte Bauingenieurin arbeitet seit drei Jahren als Geschäftsführerin des Fachbereichs Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Technischen Universität (TU) Darmstadt.

Kaja Boxheimer ist eine der rund 300 Fakultätsmanagerinnen und -manager, die im vergangenen Jahr vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) zu ihrem Job-Profil und ihrer Zufriedenheit befragt wurden. „Professionalisierung ohne Profession?“ ist der Titel der Studie, die Ende Februar veröffentlicht wird. Seit 2004 erkunden die Forscher vom Gütersloher CHE regelmäßig die Stimmung im mittleren Management an Deutschlands Hochschulen. Der Trend ist eindeutig: Das Selbstbewusstsein der Männer und Frauen auf sogenannten Sandwich-Positionen in der Wissenschaftsverwaltung steigt – und mit ihm ganz offensichtlich auch die Freude am Beruf. So sagt Kaja Boxheimer: „Es hat natürlich einige Zeit gedauert, bis ich meine Vorstellungen und mein Verständnis für die Position im Fachbereich etabliert habe. Aber inzwischen verstehen die meisten Kollegen, dass mein Engagement dem Fachbereich dienen soll. Mittlerweile erfahre ich Anerkennung und Wertschätzung für mich und meine Arbeit.“

Stimmungshoch in der Fakultätsverwaltung

Boxheimer ist kein Einzelfall. Im Fakultätsmanagement ist ein Stimmungshoch festzustellen, mit dem selbst CHE-Geschäftsführer und Hochschulforscher Prof. Dr. Frank Ziegele nicht gerechnet hätte. Überrascht hätte ihn vor allem das gestärkte Selbstbild und -bewusstsein der Beschäftigten in der Fakultätsverwaltung.

Das ist umso erstaunlicher, als es bis heute keine einheitliche Berufsbezeichnung für dieses noch junge Berufsfeld gibt. Aufgrund unterschiedlicher Aufgaben und Profile teilen die CHE-Forscher die Befragten in fünf Stellentypen mit unterschiedlichen Bezeichnungen ein: Dekanassistenten unterstützen den Dekan, Fakultätsassistenten arbeiten der Fakultätsverwaltung zu, Dekanatsleiter leiten ein Dekanat, Dekanatsassistenten unterstehen dem Dekan und sind eingeschränkt weisungsbefugt. Die Position mit der weitreichendsten Entscheidungskompetenz haben die unter der Bezeichnung Fakultätsmanager erfassten Personen. Ihnen untersteht die Fakultätsverwaltung. Sie bereiten Entscheidungen des Dekans vor und gestalten die strategische Ausrichtung der Fakultät mit.

Häufig werden Personen dieser Gruppe wie Kaja Boxheimer an den Hochschulen als Geschäftsführer bezeichnet. Sie sind vor allem verantwortlich für Haushalt, Personal, teilweise für Budgetverwaltung, Öffentlichkeitsarbeit, Gremienarbeit sowie für Studium und Lehre. „Im Zweifelsfall bin ich für alles zuständig“, sagt Dr. Juliane Lanz. Sie ist die Geschäftsführerin der Philosophischen sowie der Theologischen Fakultät der Universität Rostock. „Ich bin quasi der administrative Hausmeister“, sagt sie.

Fakultätsmanager ist die in der CHE-Befragung am häufigsten genannte Stellenart mit 101 Befragten. Die meisten von ihnen arbeiten an einer staatlichen Universität, deutlich weniger an Fachhochschulen. Die Fakultäten, an denen fast die Hälfte dieser Fakultätsmanager (42 Prozent) arbeitet, haben zwischen zwanzig bis 34 Professuren.

In ihren Positionen sitzen die 101 Fakultätsmanager ziemlich fest im Sattel. Wie die Studie zeigt, haben die meisten unbefristete Stellen (95 Prozent) und arbeiten in Vollzeit (95 Prozent). Das gibt Sicherheit. „Auch wenn ich natürlich in Haushalts- und Personalfragen auch mal unangenehme Entscheidungen treffen beziehungsweise verkünden muss“, sagt Kaja Boxheimer.

„Wir haben keine Schwierigkeiten bei der Positionsfindung mehr."

Dadurch schlägt vielen Fakultätsmanagern große Skepsis entgegen. „Insbesondere bei den Professoren habe ich hart um Akzeptanz kämpfen müssen“, sagt Juliane Lanz. Jetzt fühlt sie sich aber wertgeschätzt und anerkannt – wie so gut wie alle (94 Prozent) ihrer befragten Kolleginnen und Kollegen. „Wir haben keine Schwierigkeiten bei der Positionsfindung mehr wie die erste Generation“, sagt Kaja Boxheimer, die bereits eine Vorgängerin auf ihrer Position hatte. Reputation verschaffe ihnen auch die Unterstützung des Vorgesetzten, sagen 93 Prozent. Und 91 Prozent empfinden ihre Tätigkeit als bedeutend für die Organisation. Das Selbstbewusstsein ist gestiegen. Auch, weil sich das Berufsfeld mehr und mehr professionalisiere, so das Fazit der CHE-Experten.

Das gesteigerte Selbstbewusstsein und die gewachsene Anerkennung des Berufes gehen einher mit der hohen Bildung der Fakultätsmanager. Die meisten von ihnen kommen selbst aus der Wissenschaft, 43 Prozent sind promoviert (siehe Grafik rechts). Die Studie legt nahe, dass sie längst nicht mehr als gescheiterte Forscher-Existenzen gelten, die es in der Wissenschaft zu nichts gebracht haben. Im Gegenteil: „Fakultätsmanagement als erster Karriereweg hat sich etabliert“, sagt Kaja Boxheimer. Deshalb sieht sie die vielfältigen Aufgaben, die der Posten in der Wissenschaftsverwaltung mit sich bringt, als berufliche Chance. Für Juliane Lanz ist es sogar die bessere Alternative: „Ich hatte nie vor, als Wissenschaftlerin zu arbeiten“, sagt sie, „die Promotion war für mich vielmehr eine weitere Qualifikation, um in die Wirtschaft zu gehen.“

Nähe zur Hochschule und wissenschaftlicher Hintergrund

Dass sie sich dann entschieden hat, an der Universität zu bleiben und dort administrativ tätig zu werden, hat bei ihr wie bei den meisten anderen Befragten viel mit der Nähe zu ihrer Hochschule zu tun. Die CHE-Studie verdeutlicht, dass diese Verbundenheit einerseits dabei hilft, die Stelle überhaupt zu bekommen. Andererseits ist der eigene wissenschaftliche Hintergrund hilfreich, die Aufgaben im Wissenschaftsmanagement zu erfüllen und darin zu überzeugen.

Dieser Faktor wird sogar immer wichtiger – was wiederum die gesteigerte Anerkennung des Berufes als Alternative zu einer wissenschaftlichen Karriere unterstreicht. So hat die fachliche Affinität laut der CHE-Experten bei der Stellenbesetzung der Fakultätsmanager seit der Befragung von 2009 an Bedeutung zugenommen. Fanden diesen Aspekt 2008 lediglich 60 bis 65 Prozent der Befragten wichtig, sind es in der aktuellen Studie 65 bis sogar 80 Prozent, je nach Stellentyp.

Eine weitere wichtige Rolle spielen die Netzwerke innerhalb der Fakultät. Wer sich innerhalb der Einrichtung zurechtfindet, die Kollegen zumindest vom Sehen kennt und durch seine bisherigen Leistungen in der Hochschule aufgefallen ist, hat schonmal einen Vertrauensbonus gegenüber Personen von außerhalb. Genau so war es beispielsweise bei Kaja Boxheimer und Juliane Lanz. Beide haben an den Fakultäten, an denen sie jetzt beschäftigt sind, studiert und promoviert. „Ich bin ein Gewächs der TU Darmstadt“, sagt Boxheimer. Das habe für sie selbst eine große Rolle gespielt, sich als Geschäftsführerin zu bewerben. Sie fühlt sich der TU Darmstadt verbunden und hat sich die Aufgabe zugetraut. Juliane Lanz wurde sogar direkt vom Dekan angesprochen, sich um die Stelle zu bemühen. Sie arbeitete bereits in der Universität und kümmerte sich um die Qualitätssicherung von Studium und Lehre der Philosophischen Fakultät Rostock.

Die Sozialisation innerhalb der Wissenschaft ist aber auch entscheidend, um sich im Hochschulbetrieb durchsetzen zu können. Die Promotion verschafft Respekt: „Ich bin sehr froh, meinen Doktor-Titel zu haben“, sagt Juliane Lanz, „auch weil er mir hilft, ernst genommen zu werden.“ Insbesondere von Wissenschaftlern. „Denn auch wenn ich nicht mehr wissenschaftlich tätig bin, verstehe ich die Bedürfnisse der Professoren“, sagt Lanz. „Ich weiß, wie Forscher ticken, mit was sie sich beschäftigen, wo sie an Grenzen stoßen“, fügt Kaja Boxheimer hinzu. „Um Hand in Hand zu arbeiten, hilft es enorm, dieselbe Sprache zu sprechen“, meint sie. So überrascht es nicht, dass 97 Prozent der befragten Fakultätsmanager als wichtige Kompetenzen Konsensorientierung und Verhandlungsgeschick angeben.
Doch ist die Arbeit im Fakultätsmanagement in unbefristeter Festanstellung mit vielseitigen Aufgaben und wertschätzenden Kollegen zu schön, um wirklich wahr zu sein?

Bisher wenig Aufstiegschancen

Einen Haken hat der Job sehr wohl. Die Aufstiegschancen gehen derzeit jedenfalls gegen Null. Nur drei Prozent der Befragten halten ihre Karriereaussichten für besser als in der Wissenschaft. Die Mehrheit (61 Prozent) schätzt sie deutlich schlechter ein. Die Karriereleiter bricht beim Fakultätsmanager also ab – weiter nach oben an der Hochschule geht es für diese Beschäftigtengruppe kaum.

Doch das finden die meisten scheinbar gar nicht so schlimm. „Man braucht eine intrinsische Motivation für diesen Beruf“, sagt Kaja Boxheimer, „dann wird einem auch nie langweilig.“ Denn der Job birgt Potenzial. Da das Berufsfeld noch recht jung ist, entwickle es sich enorm weiter, sagt Juliane Lanz. Es sei spannend und herausfordernd, daran mitzuwirken und es zu gestalten. Das sehen ihre Kolleginnen und Kollegen ähnlich: 83 Prozent geben an, dass sie auf ihrer derzeitigen Stelle bleiben und sie weiterentwickeln möchten. Stellenwechsel in ein Wissenschaftsministerium, in das Amt eines Hochschulkanzlers oder -präsidenten oder ins Management einer Forschungseinrichtung oder wissenschaftsnahen Organisation sind keine Alternativen, die herausstechen in der aktuellen Befragung.

Das Stimmungsbarometer steht also im grünen Bereich. Verbesserungsvorschläge haben die Fakultätsmanager dennoch: In erster Linie wünschen sie sich Chefs, die ihnen weitgehend freie Hand geben (sieh Infokasten) und auf ihre Kompetenzen vertrauen.

Erwartungen an die Chefs

Die grauen Eminenzen

Selbstbewusst und professionell: Sind Fakultätsmanagerinnen und -manager von heute die heimlichen Machthaber im Dekanat von morgen? Möglich. Ihre Erwartungen an die Dekane jedenfalls lassen darauf schließen: Diese sollen auf die Fachkompetenz ihrer Manager vertrauen und ihnen Freiräume gewähren.

Einen Chef, der hinter ihnen steht und sich auf ihre Kompetenzen verlässt: Das wünschen sich die meisten Fakultätsmanager laut der aktuellen Befragung, erstellt vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE). Führungskompetenz vermitteln die Dekane nach Ansicht ihrer Mitarbeiter also nicht, indem sie alles an sich reißen und einsame Entscheidungen treffen. Als Chefs gern gesehen sind sie dann, wenn sie zwar gerne entscheiden, doch dabei auf die Kompetenz ihrer Mitarbeiter vertrauen. Demzufolge sind das die wichtigsten Eigenschaften eines guten Dekans.

Dass ihr Chef ein guter Wissenschaftler ist, halten die Befragten für weniger wichtig. Ein Leibniz-Preis macht seinen Träger noch lange nicht zu einem guten Vorgesetzten. Führungsqualitäten der Dekane sind im täglichen Verwaltungsgeschäft mehr gefragt. Dazu gehören laut Fakultätsmanager, dass der Dekan ihnen Freiräume lässt und ihnen so viel wie möglich Verantwortung einräumt.

Die CHE-Experten sehen das unter anderem als Indiz, dass sich das mittlere Verwaltungsmanagement an Hochschulen weiter professionalisiert. Die Leute wissen, was sie können. „Das Fakultätsmanagement ist eine Art Gedächtnis der Fakultät“, sagt beispielsweise Dr. Juliane Lanz, Geschäftsführerin der Philosophischen sowie der Theologischen Fakultät der Universität Rostock. Und wenn dann ein neuer Dekan kommt, fällt das deshalb nicht so sehr ins Gewicht. „Wenn die Prozesse innerhalb des Dekanats definiert und bekannt sind, führt ein Dekanwechsel nicht zu allzu großen Anpassungen der Arbeitsabläufe“, sagt Kaja Boxheimer, Geschäftsführerin des Fachbereichs Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Technischen Universität (TU) Darmstadt.

Die Befragungsergebnisse

Die Ergebnisse der Befragung „Professionalisierung ohne Profession? – Fakultätsmanagement-Befragung 2013“ durch das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) in Gütersloh sind im Netz abrufbar: www.che.de/fakultaetsmanagement

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