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Professoren wissen: Die Arbeit in Jurys ist beinhart. Wenn man Glück hat, ragen einzelne Vorschläge heraus. Meistens aber läuft es nicht so gut. Beim Ideen-Wettbewerb UniGestalten werden die Gewinner in diesen Tagen bekannt gegeben, doch schon längst ist klar: Die Jury hat Großes geleistet!

Was kommt dabei heraus, fragt man einen Esel danach, was er an seinem Stall verbessern würde? Ungefähr dasselbe, was herauskommt, fragt man Studenten nach ihren Optimierungsvorschlägen für Hochschulen: besseres Essen und ein wenig mehr Bewegungsfreiheit. Selbstverständlich hat es der akademische Nachwuchs in schönere Worte gefasst, als es ein Esel kann. Unter den 462 Vorschlägen, die bis Mitte Dezember beim Wettbewerb UniGestalten des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und der Jungen Akademie eingereicht wurden, wählte eine nicht gerade beneidenswerte Jury im vergangenen Monat die zehn Besten aus und lud sie Mitte März zur Präsentation ein. Die Gewinner dieses Schaulaufens werden in den nächsten Tagen bekannt gegeben. Doch aus welchem Bewerberfeld haben sie sich abgesetzt? Duz-Univers gibt einen Überblick über umwerfende Anregungen.

Essen, Sitzen, Wohlfühlen

Erstaunlich viele Einsendungen betreffen die Lebensbereiche Essen, Sitzen, Wohlfühlen. Man wird den Eindruck nicht ganz los, dass die Studienbedingungen in dieser Republik vor allem nach der Bequemlichkeit der Sitzmöbel oder den örtlichen Freizeitmöglichten beurteilt werden. So schlägt ein Philipp aus Berlin vor, ein Dinner-Hopping in allen Uni-Städten einzuführen, bei dem in Kleingruppen am Abend WG-weise Hauptgang und Nachtisch ausgetauscht werden. Ein anderer kam auf die glorreiche Idee, die Uni solle ihren Studenten eine Reise pro Semesterferien bezahlen, denn reisen bilde ja bekanntlich, während ein Dritter ganz profan „Prozente beim Kauf eines Computers“ fordert. Auch kostenlose Luftpumpen für Fahrräder oder Trampoline zur Entspannung werden gefordert.

Mit ihrem Vorschlag, die Flachbauten der Uni zu begrünen, ist Eva-Maria aus Siegen fast politisch.

Mit ihrem Vorschlag, die Flachbauten der Uni zu begrünen, ist Eva-Maria aus Siegen dagegen schon fast politisch: „Egal ob Anpflanzen für den Eigenbedarf, für den Biologieunterricht oder für die Mensa – ab jetzt werden an der Uni nicht nur Früchte der Bildung geerntet.“ Katharina aus Nordrhein-Westfalen geht noch weiter. Jeder Prüfling solle einen Baum auf dem Universitätsgelände pflanzen, schlägt sie vor: „Ich könnte mir vorstellen, diese Flächen mit kleinwüchsigen Bäumen (hier bieten sich an: Feld-Ahorn ‚Elsrijk‘, schmale Felsenbirne, säulenförmige Hainbuche, großlaubige Mehlbeere) zu bepflanzen. Damit der Park/Wald als Aufenthaltsort im Sommer genutzt werden könnte, könnten noch Gabionen (mit Steinen gefüllte Metallkäfige) aufgestellt werden, die mit wetterfesten Sitzkissen bestückt sind.“

Überhaupt Öko. Andi stellt sich den Studierenden der Zukunft als Stromlieferanten vor, der in seiner vorlesungsfreien Zeit auf von der Uni gestellten Heimtrainern Öko-Strom produziert, dabei fit bleibt und für die gelieferte Menge Strom einen Kaffeegutschein erhält. „Die Schwungräder der Heimtrainer wandeln deine Muskelkraft in elektrische Energie um. Kooperationspartner sind Krankenkassen. Sie finanzieren mit Kaffeegutscheinen Bonus-Bike und die Unimensa. Damit können sie ihr Image aufbessern und Studenten anlocken“, schreibt Andi.

Nathalie will das Gleiche, nur ohne Stromerzeugung: „Ein solcher Raum würde nicht viel kosten (Miete, Heiz-/Strom- und Wartungskosten, warmer Bodenbelag und Lichtquelle, gegebenenfalls Musikanlage und Yogamatten).“ Mit ihrem Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung ist sie nicht allein. Auch Julia hätte es gerne ein wenig kuschelig: „Geplant ist ein Raum mit gemütlich-ansprechenden Sitzgelegenheiten, etwa: Sitzsäcke, Hängematte, Sessel zur Entspannung und zum ‚Krafttanken‘ vor der nächsten Vorlesung und im normalen Studiumsstress. Den Studierenden soll so eine kostenlose Entspannungsmöglichkeit geboten werden.“

Das reicht Martin aber nicht, er stellt sich seine Traum-Uni ungefähr so vor: Nach der durchfeierten Nacht geht man an die Uni zum Schlafen. Dort gibt es neben jedem Seminarraum eine Schlafbox. „Nun mal ganz ehrlich, wer ist nicht schon mal während der Vorlesung eingeschlafen? Wer ist nicht ständig müde, wenn‘s ans Lernen geht“, fragt Martin rhetorisch und führt aus: „Der Körper benötigt die Ruhe und holt sie sich von selbst – ohne zu fragen, ob es gerade passt. Schlafboxen beanspruchen nicht viel Platz, da sie stapelbar sind, und bieten die nötige Abschottung von der Außenwelt, die man für einen Powernap braucht. Außerdem kosten sie nicht die Welt. Nur der wache Geist kann Wissen schaffen und kreativ sein!“

Chancen auf einen Siegerplatz wünscht man unbedingt der Streichholzrede von Jan: „Darüber hinaus können in Seminaren Streichhölzer genutzt werden, um die Redezeit zu strukturieren. Jeder Teilnehmende verfügt dabei über ein Streichholz. Wenn er oder sie reden möchten, dann müssen sie nur so lange reden, wie das eigene Streichholz brennt. So ermöglicht der Dozent, dass sowohl Vielredner wie auch Wenigredner sich gleichlang am Unterrichtsgeschehen beteiligen. Niemand möchte sich verbrennen, damit er oder sie länger reden kann!“

Weihnachtsglück in der Tram

Ein Johannes aus dem Taunus würde gerne mehr deutsch und weniger englisch an den Universitäten hören („deutsch macht schlau“). Darum hat er sich Folgendes gedacht: „Lesungen aus deutschen Klassikern (Gedicht, Theater, Roman, Novelle, Philosophie) werden öffentlich und möglichst auch auf freien Plätzen von Schauspielern vorgetragen und in Szene gesetzt. Das sprachliche und intellektuelle oder emotionale Niveau dieser Stücke kann bei richtiger Inszenierung meines Erachtens auch heute noch jeden begeistern!“

Bei ausländischen Studenten deutsche Weihnachtsgefühle auszulösen, ist die Straßenbahn-brechende Idee von Kirstin aus Dresden: „Bei einer Straßenbahnfahrt durch das winterliche Dresden sollen, von Adventsmusik aus aller Welt begleitet, für die Teilnehmer erste Weihnachtsgefühle aufkommen. An der Zwischenstation, zum Beispiel einem Museum oder einem Vereinshaus, können Kontakte zwischen Studierenden und Dresdner Familien geknüpft werden. Im Idealfall ergeben sich daraus Weihnachtspatenschaften.“

Katharina möchte die Konzentrationsfähigkeit der Studenten durch wechselnden Farblichteinsatz in Hörsälen steigern. „Praktisch ist die Umsetzung – soweit ich das als Nicht-Elektriker einschätzen kann – eigentlich sehr einfach und auch nicht übermäßig teuer. Die Dozenten sind entsprechend zu instruieren, welche Farbgebung in der Beleuchtung im Allgemeinen zu welcher Tageszeit förderlich ist. Sie können dann die entsprechende Farbe entsprechend der Uhrzeit auswählen.“

Florian aus Mannheim braucht dringend mehr Informationen, welches Mensa-Menü zu empfehlen ist: „Das Ziel dieser Idee ist es, eine Smartphone-App zu entwickeln, die es Mensabesuchern erlaubt, vor dem Essen Informationen über die vorhandenen Menüs zu erhalten (Bewertungen, Bilder, Kommentare) und nach dem Essen eben diese Informationen wiederum anderen zur Verfügung zu stellen.“

Netz- und Sexwerken

Mika sucht an der Uni nach Sexualpartnern und hätte da mal eine Idee: „Es ist schon fast jedem passiert: ‚Die war ja süß!‘, ‚der Typ hat mich angelächelt!‘, ‚cooles Gespräch!‘ und alle denken sie sich oft ‚verdammt, wer war das bloß? Wieso habe ich nicht nach der Nummer gefragt?‘ Ein Internetportal mit Lageplan könnte bei dem Wiedertreffen helfen. Natürlich wird alles anonym gehalten, sodass etwa Nutzer 317582 ein Mädchen mit blonden Haaren am 22.10. um 15.00 in Phils Café sucht.“

Alexander besucht in Lüneburg offenbar Vorlesungen mit über 700 Teilnehmern. Da versteht er bisweilen nicht, was sein Kommilitone in der hinteren Reihe gefragt hat. Die Lösung: Jeder Student bringt sein Handy mit und wenn er was zu fragen hat, wählt er eine vorher eingerichtete Gratis-Nummer: „Dies funktioniert wie folgt: Der Student meldet sich und hält sein Mobiltelefon griffbereit. Wenn der Student drangenommen wird, ruft er die Nummer an und durch die automatische Rufannahme ist er sofort verbunden! Jetzt kann er sprechen und alle Anwesenden können ihn hören.“

Der vielleicht hinreißendeste Vorschlag mag dieser sein: die Änderung des Hochschulrechts, Paragraf 112 Einführung eines Gnadengesuchs bei den Rektoren und Dekanen der Fakultäten, um durchgefallenen Kandidaten trotzdem ein „bestanden“ zu attestieren. „Durch diese kleine Änderung findet eine Einschränkung der Macht der Prüfungsämter zugunsten des Studierenden statt“, heißt es in der Begründung. Ach, was! Darauf wären die acht Juroren bestimmt nicht allein gekommen.

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