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Aus der Mitte entspringt die Macht

Wissenschaftsmanager arbeiten gut, wenn der Betrieb Hochschule reibungslos läuft. Probleme lösen sie schnell und geräuschlos. Das soll so bleiben. Doch möchte das mittlere Management schon lange als eigene Größe anerkannt sein. Mit dem Stifterverband im Rücken gehen elf Wissenschaftsmanager nun in die Offensive.

Sie führen Career Center, erstellen Personal- und Finanzpläne, verwalten Liegenschaften, leiten Pressestellen oder koordinieren die Tagesgeschäfte der Hochschulchefs. Wissenschaftsmanager halten den Betrieb von Hochschulen und außer-universitären Forschungseinrichtungen am Laufen. Wie viele es von ihnen in Deutschland gibt, darüber gehen die Schätzungen auseinander. Mal ist von 800, mal von bis zu 10 000 die Rede, je nachdem, wie Wissenschaftsmanager definiert werden. In der Szene von sich reden machen sie jedoch nur selten. Wenn etwas schief geht, gibt es Tadel. Das schon. Ihre Leistung und Bedeutung für den Betrieb Wissenschaft aber wird in der Regel nicht erkannt, geschweige denn im Wert geschätzt.

Auf dem Weg zum Berufsbild

Genau das soll sich ändern. Im Frühsommer haben sich elf Wissenschaftsmanager aufgemacht und den Verein Netzwerk Wissenschaftsmanagement gegründet. Der offizielle Startschuss erfolgt Anfang November mit einer Tagung in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Dabei möchten die elf Freunde aber nicht nur Mitstreiter finden: „Wir wollen ein neues Selbstverständnis für unser Berufsfeld“, sagt Isabel Müskens. Die Referentin für Studienstrukturplanung und Innovation an der Universität Oldenburg ist Vorsitzende des Vereins, der eine bundesweite Lücke füllen möchte. Bislang fehle „eine gemeinsame Interessensvertretung über Funktions- und Hierarchiegrenzen hinweg“, sagt Müskens. Den Schub dafür erhofft sie sich von der Tagung. Mit mindestens 120 Teilnehmern rechnet die Vorsitzende. Diese sollen in Berlin nicht nur ein Gründungsmanifest erarbeiten, sondern auch ein Arbeitsprogramm für das nächste Jahr aufstellen. Anvisiert ist zum Beispiel ein Kodex für professionelle Wissenschaftsmanager.

Auch Exkursionen will der Verein Müskens zufolge im kommenden Jahr anbieten: Kleine Gruppen von Wissenschaftsmanagern sollen dabei Einrichtungen besuchen, die auf einem Gebiet Außergewöhnliches und Nachahmenswertes leisten. Das könnte den Aufstieg auf der Karriereleiter erleichtern. „Um ins Top-Management der Wissenschaft zu gelangen, ist ein Jurastudium heutzutage häufig nicht mehr Voraussetzung“, sagt Müskens. Wer sich in verschiedenen Abteilungen von Hochschulen bewiesen habe, habe das Zeug zum Top-Manager. Auch in der Ausbildung will sich das Netzwerk engagieren. Für angehende Wissenschaftsmanager ist ein Förderprogramm geplant. Ob und in welchem Umfang die Ideen umgesetzt werden können, steht und fällt mit der Finanzierung. Geldgeber ist bis Ende kommenden Jahres der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Er fördert an der Universität Oldenburg eine halbe Stelle für eine Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle, den Aufbau der Internetseite sowie einen Teil der Tagung. Danach muss sich das Netzwerk über Mitgliederbeiträge finanzieren. „Entweder gibt es für das mittlere Management einen Bedarf für einen Verband oder eben nicht“, sagt die beim Stifterverband zuständige Projektleiterin Andrea Frank.

Deutsche Sonderwege

Im Ausland sind Berufsverbände für Wissenschaftsmanager längst etabliert. Sie finden sich in Frankreich genauso wie in Großbritannien oder den USA. Ob sich ein breit aufgestellter Berufsverband auch in Deutschland durchsetzen wird, ist deshalb noch lange nicht ausgemacht. Wissenschaftsmanager haben sich hierzulande schließlich längst organisiert: Die Pressesprecher der Hochschulen beispielsweise haben sich bereits 1969 zusammengeschlossen. Mehr als 400 Mitglieder zählt der Bundesverband Hochschulkommunikation heute. Dessen Vorsitzende Dr. Elisabeth Hoffmann verfolgt die Neugründung mit wohlwollender Neugier. „Hochschulkommunikatoren könnten von den Angeboten des Netzwerks profitieren, wenn sie sich betriebswirtschaftliche Kenntnisse aneignen oder ins Projektmanagement einsteigen wollen“, sagt Hoffmann.

Ähnlich bewerten das Mitglieder der Plattform, der sich mittlerweile rund 850 Forschungs- und Technologiereferenten angeschlossen haben. Deren Sprecher Thomas Horstmann bekundet zwar grundsätzliches Interesse an einer Kooperation mit dem neuen Netzwerk, doch stehe für die Forschungsreferenten fest, dass weitere Professionalisierungen auf ihr spezifisches Tätigkeitsfeld hin ausgerichtet sein müssen. Allerdings zielen die elf Netzwerk-Gründer nicht nur auf das mittlere Management ab. Als Mitglieder gewinnen wollen sie auch Führungskräfte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. „Wer sich als Wissenschaftsmanager versteht, ist willkommen“, betont Müskens.

Dass sich davon auch Universitätskanzler angesprochen fühlen, glaubt deren Sprecher Günter Scholz mit Verweis auf das bewährte, seit 50 Jahren bestehende Netzwerk der Uni-Kanzler nicht: „Wir unterhalten eine Reihe von Arbeitskreisen, in denen wir Fragestellungen aus unserem Aufgabenbereich bearbeiten“, sagt Scholz, Kanzler der Universität Hannover. Weniger zugeknöpft zeigt sich demgegenüber Bernd Klöver, Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und Sprecher der Fachschulkanzler: „Das Netzwerk bietet bessere Chancen, die Besonderheiten des Wissenschaftsmanagements einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, sagt Klöver. Das Profil und die Leistung des Berufs sei in der Gesellschaft genauso wenig bekannt wie in der Wirtschaft.

Als bloßer Marketing-Verband für den Beruf Wissenschaftsmanager könnte das Netzwerk durchaus enden. Es könnte sich aber auch als der Berufsverband etablieren, den Professor Dr. Frank Ziegele in Deutschland vermisst. Der Geschäftsführer des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) hatte als Co-Autor für das Bundesforschungsministerium voriges Jahr eine Studie zur Karriereförderung von Wissenschaftsmanagern vorgelegt. Wichtigste Forderung: Die Gründung eines Berufsverbands. Dieser müsse allerdings einen verbindlicheren Charakter und mehr Durchsetzungskraft aufweisen als das momentan gedachte Netzwerk. Ziegele sagt:

„Wichtig ist, dass man die Legitimation als eine Interessensvertretung der Wissenschaftsmanager erlangt.“

Diese Legitimation will erarbeitet sein. Dass dies dem neuen Netzwerk gelingt, davon ist Vorsitzende Müskens überzeugt. Denn schließlich trägt der Verein ein Ausrufezeichen im Titel. Das Signal: Die Wissenschaftsmanager werden jetzt sichtbar.

Das Netzwerk in Kürze

Das Netzwerk in Kürze

  • Finanzier: Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat die Anschubfinanzierung übernommen. Danach soll sich das Netzwerk über Vereinsbeiträge und Drittmittel tragen.
  • Mitglieder: Im Fokus des Netzwerks stehen Wissenschaftsmanager aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Ministerien, Förderinstitutionen und Wissenschaftsorganisationen. Der Jahresbeitrag für eine Mitgliedschaft beträgt 120 Euro.
  • Auftaktkonferenz:  Am 3. und 4. November findet die Tagung „Wissenschaftsmanagement für morgen – Ziele, Themen, Strategien“ in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften in Berlin statt. Teilnahmegebühr 120 Euro.

Link: http://www.netzwerk-wissenschaftsmanagement.de

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