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Das System kennt kaum Verlierer

Bei der Einführung der leistungsbezogenen Professorenbesoldung wurden die USA häufig als Vorbild herangezogen. Doch wie leistungsfördernd ist das amerikanische System wirklich? Und woran krankt das System in Deutschland nach der Reform?

Christian Queva konnte sich nur wundern: Wie sehr er sich in Stanford auch bemühte, eine echte leistungsbezogene Besoldung bei den Professoren fand er nicht. Jedenfalls nicht in dem jährlichen Gehalt der Professoren. „Das, was wir unter leistungsbezogenen Zulagen verstehen, gibt es in Stanford nicht“, sagt Dr. Queva. Vor dem Hintergrund der Besoldungsreform in Deutschland hatte er sich für seine Dissertation im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim im Jahr 2001 die Besoldung an den Elite-Universitäten in den USA genauer angesehen. Er führte an den sogenannten Research Universities Interviews mit Professoren und universitären Entscheidern. „Die jährlichen Zulagen bekommt jeder. In Stanford kam es noch nie vor, dass ein Professor keine Zulage erhielt“, sagt er. Dafür werde mit einem riesigen Verwaltungsaufwand ermittelt, ob Leistung erbracht wurde. Queva: „Die eigentliche Leistungszulage bekommt man durch die Berufungsverhandlungen. Da werden Verträge nicht über das ganze Jahr, sondern nur über neun bis elf Monate geschlossen. Für die restliche Zeit kann so ein extra Bonus verhandelt werden.“

Dies kann zum Beispiel zusätzliches Geld für den Start eines neuen Forschungsprojektes sein. Professor Dr. Eicke Weber, der 23 Jahre lang in den USA geforscht hat, kennt hingegen Einzelfälle, die bis zum Rentenalter auf ihrer Gehaltsstufe sitzen geblieben sind. Bevor der Materialforscher im Sommer 2006 die Leitung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg übernommen hatte, war er als Professor an der University of California (UC) in Berkeley tätig. Das UC-System hält er für tatsächlich leistungsfördernd. Dort gibt es vom Assistenz-Professor über den Associate-Professor bis zum Fullprofessor drei Hauptstufen mit jeweiligen Unterstufen. Alle zwei oder drei Jahre wird die Leistung der Professoren evaluiert. Nur bei guter Leistung in Bereichen wie ‘Erfolg in der Forschung’ oder ‘befriedigende Lehre’ kommen die Professoren eine Gehaltsstufe weiter.

„Man kann auch anderthalb Stufen auf einmal nehmen, wie es bei mir zweimal der Fall war“, erinnert sich Weber. „Ein großes Problem der leistungsbezogenen Besoldung in Deutschland ist, dass sie gedeckelt ist. Selbst die höchsten Bezüge in Deutschland sind nicht vergleichbar mit den höchsten Bezügen in Amerika“, setzt er hinzu. In den USA gebe es noch ein „out of scale - nur der Himmel ist darüber“. Spitzenforscher bekämen in den USA Spitzengehälter. Diese seien deshalb auch nicht an einem Wechsel nach Deutschland interessiert.

Zu geringe Anreize zum Wechsel

Die W-Besoldung reicht nicht aus, um Spitzenkräfte an deutsche Universitäten zu locken. „Dafür sind die Grundbezüge, die sich in den alten Bundesländern zwischen 3400 und 4700 Euro pro Monat belaufen, einfach zu niedrig.“ So äußerte sich der Präsident des Deutschen Hochschulverbandes Prof. Dr. Bernhard Kempen, als die Krupp-Stiftung im September 2006 ein Förderprogramm zur Rückkehr deutscher Wissenschaftler aus dem Ausland ins Leben rief. Die Stiftung stellt 2,5 Millionen Euro bereit, um pro Professor bis zu 100.000 Euro unter anderem für eine „angemessene Vergütung des Hochschullehrers“ auszuschütten.

Aus ökonomischen Gründen wäre Eicke Weber nicht nach Deutschland zurückgekehrt. So muss er große Einbußen in der Altersvorsorge hinnehmen. Ihn reizte das Thema des Instituts. Doch er fragt sich schon, warum er als Leiter einer Einrichtung mit 500 Angestellten und einem Jahresumsatz von 30 Millionen Euro nicht bezahlt wird wie ein entsprechender Firmenchef. Weber: „Ich war erschüttert zu erfahren, dass man als Institutsdirektor nach der W-Besoldung bezahlt wird – wie ein ganz normaler Professor.“

Amerika hat es nicht besser

Weber spricht davon, dass die Universitäten „leiden, wenn sie einem Professor ein gutes Angebot machen“. Gemeint ist damit die Kostenneutralität der Reform. Christian Queva schlussfolgert: „Jeder Professor soll bei guter Leistung mehr Geld erhalten. Wenn aber der Topf für alle Professoren gedeckelt ist, muss man dann einem anderen Professor etwas wegnehmen. Demnach müssten die Kollegen gern schlechte Leute holen, weil gute Leute ihnen etwas wegnehmen würden.“ Und der Mann aus Berkeley, Eicke Weber, wundert sich darüber, dass sogar sein Gehalt im Verteilungsschlüssel der Universität Freiburg angerechnet werde, obwohl es doch von der Fraunhofer-Gesellschaft finanziert wird.

Das Geld lockte auch Prof. Dr. Harald Josef Hiesinger nicht nach Deutschland zurück. Er wechselte zum Wintersemester von der Central Connecticut State University an die Universität Münster. Finanziell sei der Wechsel ein „Nullrundenspiel“, sagt er. Den ehemaligen Assistenz-Professor lockten neben privaten Gründen die „richtige Professur“ und die Chance, mehr forschen zu können. Er bereut seinen Entschluss nicht: „In der Planetologie gibt es nur alle Jubeljahre eine Professorenstelle in Deutschland. Das ist schon eine tolle Sache.“  
Queva hat an amerikanischen Elite- Hochschulen im Kern nur das alte deutsche System wiedererkannt. Seine Schlussfolgerung: „Mein Vorschlag für Deutschland wäre: zurück zum alten System. Allerdings würde ich die Dienstaltersstufen umbenennen in Dienstleistungssystem.“

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