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Was der Austausch von Modulen bringt

Die deutschen Rekorde beim Studierendenaustausch täuschen darüber hinweg: Europaweit ist nur ein Prozent der Studierenden mobil. Die restlichen 99 Prozent könnten vom internationalen Modulaustausch profitieren. Doch der ist alles andere als einfach zu organisieren. Als Sparmodell taugt der deshalb schon einmal nicht.

Martin ist Ingenieur und für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Sri Lanka unterwegs. Mit der belgischen Politik-Studentin Marie aus Leuven und dem englischen Biologen Mark aus Birmingham sitzt er aber gerade im Übungsraum des Studienprogramms, das alle drei gewählt haben. Anschließend treffen sie sich im StudiengangsCafé, um sich weiter auszutauschen. Dafür müssen die Drei weder in den Flieger steigen noch sonst irgendwie physisch den Ort wechseln: Ihr Studienplatz ist virtuell. So wie der Übungsraum und das Café. Bei Lech-e (Lived experience of climate change), wie das Studienangebot zum Klimawandel abgekürzt heißt, sind die Module mobil – nicht die Studierenden.

Ist von virtueller Mobilität die Rede, geht es um den Modulaustausch zwischen Hochschulen verschiedener Länder. Er dient Studierenden, die nicht persönlich ins Ausland gehen können, aber international Erfahrungen sammeln möchten. Ihnen diese bieten zu können, wertet Daniel Otto als Erfolg. Otto betreut das Lech-e-Programm am Fachgebiet Internationale Politik der Fernuniversität Hagen. Gerade ist die Testphase des Programms abgeschlossen, das mittlerweile drei Kurse umfasst und von neun europäischen Partnern mit Unterstütung der Europäischen Union (EU) entwickelt wurde. Die 50 Studierenden, darunter 15 der Hagener Fern-Uni, sind jedenfalls begeistert: 96 Prozent wollen das Programm weiterempfehlen, ergab die Evaluierung. Die Vorteile virtueller Mobilität für die Hochschule zählt Dr. Ingrid Thaler, zuständige Fachreferentin an der Fern-Uni Hagen, auf: Mit den Angeboten werden neue Zielgruppen erreicht, darunter Berufstätige, die nur nebenher studieren, oder Behinderte, die nicht reisen können.

Programme, die wie Lech-e auf einem internationalen Modulaustausch aufbauen, sind vielfältig und flexibel einsetzbar: Aus ihnen können einzelne frei verfügbare Lerneinheiten für Studierende entstehen. Die Module lassen sich aber zum Komplett-Studienangebot mit Leistungsnachweis und Prüfung bündeln. Denkbar wäre nicht zuletzt, bereits bestehende konventionelle Studienprogramme mit den virtuellen Modulen zu ergänzen.

„Als Sparmodell taugt virtuelle Mobilität nicht.“

Doch wie auch immer die Lehreinheiten am Ende eingesetzt werden, in jedem Fall bereiten sie den Boden für einen gemeinsamen Studiengang mit einer Partnerhochschule. Ganz einfach ist der internationale Modulaustausch freilich nicht. Deutschsprachige Angebote zum Beispiel „laufen nicht“, sagt Ingrid Thaler aus Erfahrung. Und auch in Englisch seien in der Regel nur Module gefragt, „die besondere Forschungsspezialitäten oder kulturelle Besonderheiten anbieten“. Der daraus resultierende Entwicklungsaufwand belaste die Fachgebiete erheblich. Zu bedenken seien auch die unterschiedlichen studentischen Lernkulturen. Die Betreuung einer internationalen Studierenden-Gruppe sei aufwändiger. „Als Sparmodell taugt virtuelle Mobilität jedenfalls nicht, denn das ist richtig aufwändig", resümiert Ingrid Thaler, „eher ist es eine Ergänzung."

Tatsächlich will der Einstieg mit Bedacht gewählt sein. Von der Einigung über die Inhalte und Größen der Module bis hin zur Qualitätssicherung: Die Absprachen fressen Zeit und Energie. Für Dr. Markus Symmank, der beim Deutschen Akademischen Austauschdienst das Erasmus-Programm für Studierende betreut, steht zudem fest: „Das ist keine Ersatzmobilität, es geht immer nur um Komplementarität." Auch deshalb sei der internationale Modulaustausch bislang kaum verbreitet. In Deutschland kennt Symmank außer Hagen keine Uni, die an der Stelle schon aktiv ist. Für die EU sei die Sache aber immerhin so interessant, dass ab 2014 auch die virtuelle Mobilität mit einem eigenen Schwerpunkt ins Erasmus-Programm einbezogen werden soll.
Für diesen Durchbruch hat vor allem George Ubachs gesorgt, Geschäftsführer des europäischen Fernhochschulverbands Eadtu (siehe Interview). Auf das EU-geförderte Portal des Verbands können Hochschulen seit September 2010 ihre E-Learning-Module einstellen und den virtuellen Austausch nach denselben Regularien betreiben wie im Erasmus-Programm. Ohne bi- oder multilaterale Vereinbarungen zwischen den Hochschulen läuft demnach nichts.

Dass die EU die Entwicklungskosten für Module übernimmt oder virtuelle Mobilität über Erasmus finanziert, ist freilich nur eines der Finanzierungsmodelle, die jetzt diskutiert werden. Bei der amerikanischen University of Phoenix, einer der bekanntesten Adressen im internationalen Fernlehre-Geschäft, können andere Hochschulen komplette Lerneinheiten einkaufen. Ebenso denkbar ist der direkte 1:1-Austausch zwischen Hochschulen. Oder aber die Studierenden zahlen die Nutzung selbst: So operieren die herkömmlichen Fernstudienangebote wie zum Beispiel das Masterprogramm „Pro Water“, das die TU Braunschweig anbietet. Internationale Teilnehmer sind hier mit mindestens 528 Euro dabei. Am virtuellen Modulaustausch ist man nach Auskunft von Studiengangskoordinatorin Marlene Gelleszun bislang noch nicht beteiligt. Jetzt allerdings will sie sich erkundigen, ob man nicht einsteigen kann.

Internet: www.epics-ve.eu

Georg Ubachs

 Qualitätssicherung

„Das sollte man nicht standardisieren"

Beim internationalen Modulaustausch ist Vorsicht angebracht. Verfahren zum Qualitätsmanagement sind noch nicht etabliert. Fragen an George Ubachs, den Geschäftsführer des europäischen Fernhochschulverbands.

duz: Herr Ubachs, gibt es bald einen Blauen Engel für die Qualität von Online-Modulen?

Ubachs: Nein, auf europäischer Ebene kaum. Das muss in den einzelnen Ländern passieren,  zum Beispiel über Akkreditierungsverfahren. Das sollte man nicht standardisieren.

duz: Warum nicht?

Ubachs: Inhaltlich sind in erster Linie die Hochschulen selbst für die Qualität ihrer Angebote verantwortlich. Und sie müssen auch selbst prüfen, was sie Partner-Universitäten anbieten oder von ihnen übernehmen können. Das ist ja kein Problem. Die meisten arbeiten schon länger zusammen und kennen sich sehr gut.

duz: Woran erkennen Studenten, was gut und was schlecht ist?

Ubachs: Sie sollten schauen, ob es sich um akkreditierte Angebote von angesehenen Hochschulen handelt. Und sie sollten auf das E-xcellence-Label achten. Das garantiert zwar nicht die Qualität der Inhalte, aber so unterstützen wir die Hochschulen bei der Verbesserung ihrer Kurse.

duz: Ihr Verband betreibt im Netz die Plattform Epics. Was bringt diese?

Ubachs: Zum einen findet man hier die Angebote unserer Verbandsmitglieder, die sich alle unseren Qualitätskriterien unterworfen haben. Die Epics-Plattform steht aber auch allen anderen europäischen Hochschulen offen, um Kurse anzubieten. Die Verträge untereinander müssen sie aber selbst abschließen.

Internet: www.eadtu.eu/qualityassurance-about-quality-assurance.html

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